Quer durch die Repressionen

DIE KLEINEN GRUPPEN ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE
Politischer Kampf und ökonomischer Kampf – Partei und Klasse – Intellektuelle und Arbeiterklasse – Diktatur des Proletariats und kommunistisches Ideal sind die Institutionen jener Zeit, als die Arbeiterklasse gezwungen war, sich auf dem engen Terrain der Politik zu bewegen.
Partei der Klasse gegen die Partei der Bourgeoisie, Heer der Arbeiter gegen das Heer der Repression, proletarische Demokratie gegen die bürgerliche Demokratie. Aber die Demokratie ist der Totalitarismus der Politik auf seinem allerhöchsten Niveau, sie ist der Ort der Delegierung sowohl für die Militanten als auch für die Massen.
Der Militante findet sein Lebenzweck in der politischen Organisation im Tausch für die Beseitigung von sich selbst als politisches Subjekt, die Massen sind politisches Subjekt ohne Macht. Beide verzichten darauf zu leben. Der Fachmann der Revolution und der Fachmann des Alltagsleben schlagen im demokratischen Spiel der Delegierung die Aufteilung der Gesellschaft in Klassen wieder vor: (Sowjetunion) ein System, das, um die Kontrolle über die Gesellschaft zu behalten, gezwungen ist sich zu von dieser isolieren und sich zum Träger von Modellen des entfremdeten Lebens macht, ein System, das der proletarische Kampf dazu zwingt, mit dem eigenen Suizid den Suizid der ganzen Gesellschaft zu versuchen, eine Gesellschaft, die der Macht die eigenen Begehren zu realisieren beraubt ist. Es ist kein Sieg des Staates, sondern das Fortdauern der Modelle der kapitalistischen Gesellschaft.

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Ein Benzinkanister und auf geht’s!

Anregungen vom bolognesischen ´77

Am Vorabend des 40-jährigen Jahrestages der Ereignisse im März 1977, haben wir einige Aktivist*innen der bolognesischen Autonomia Operaia getroffen. Bei ein paar Getränken erzählten Lucia, Giorgio und Valerio, wie es war, diese Jahre zu erleben, welche unsteten Lebensformen die Stadt – Lehnsgut des PCI – belebten und was vor, während und nach `77 in Bologna passierte. Das sind einige Auszüge aus dem Gespräch.

Zu den Lebensformen

L: Das kollektive Leben war jederzeit und in Situationen verschiedener Art, beim Rumhängen, in freundschaftliche Beziehungen, beim Studium oder in der Politik beispielsweise präsent. Du warst nie allein. Du gingst an Orte, wo du x Personen – nicht bloß eine oder zwei – kanntest, mit denen du etwas gemeinsam hattest. Das ist heutzutage schwer zu verstehen. Es hatte immer eine vielfältige, gemeinsame Dimension. Das fand auf allen Ebenen statt, gerade auch in den Vierteln.
Ich kann die Erfahrung in San Ruffillo (Viertel im Südosten von Bologna, Anm. d. Ü.), wo sich das ehemalige Zollamt befand, als Beispiel nennen. Auch wenn ich nicht von dort war, besuchte ich es. Man traf sich dort und organsierte Dinge, sei das eigene Leben, sei es etwas im engeren Sinne Politisches. All das verschränkte und ergoss sich auf den Platz, wo es sich noch einmal vervielfältigte. Im Vergleich zum Leben vorher, mit den ganzen Regeln, die alle befolgten, war die Kollektivität Balsam für die Seele.  

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EIN POLITISCHES EREIGNIS – EIN HISTORISCHES EREIGNIS

März 1973: Fiat Mirafiori

Die roten Fahnen auf der Fiat-Fabrik hat es schon andere Male gegeben, 1920 und 1945, bevor es Ende März im Jahr des Herrn 1973 dazu kam.
Auf den ersten Blick hatten diese ein tarifvertragliches Ziel, verschieden und etwas schwach im Vergleich zu dem politischen Kampf 1920 oder jenem des Partisanenwiderstands. Aber so ist es gerade nicht: Die Musik spielt in dieser neuen Besetzung der größten Fabrik Europas nicht leiser: Im März 1973 haben die Arbeiter bei Fiat, ob sie es wissen oder nicht, in einem großen Kraftakt klargestellt, dass die kommunistische Revolution wieder auf den Vormarsch ist und ein neues Programm hat.

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Was für ein Leben wollen sich die Genossen zurückerobern?

Als feministische Genossinnen, die sich während der Besetzung zusammengefunden haben und ein starkes Bedürfnis verspürten, an ihr teilzunehmen – aber als autonome und eigenständige Gruppe – wollen wir heute diese unsere Erfahrung vortragen in ihrer Widersprüchlichkeit und eben deshalb in ihrer Fülle: allen Frauen, der feministischen Bewegung, der Bewegung der Studenten gegenüber.
Als Frauen leiden wir am stärksten unter der Auslese an der Universität, unter dem kulturell-subalternen Status, außerdem darunter, dass wir als erste vom Arbeitsmarkt gedrängt, oder an den unsichersten und unterbezahltesten Stellen des Proletariats eingesetzt werden, unter anderem als Heimarbeiterinnen. Diese Schule, diese Universität reproduzieren die geschlechtlichen Rollentrennungen, sie emarginieren und ghettoisieren uns in der Schule in „weiblichen“ Fakultäten; sie konditionieren uns für unser Erscheinen auf den Arbeitsmarkt an allerletzter Stelle, schon ausgerichtet auf die traditionell „weiblichen“ Arbeiten, die nicht zuletzt unsere Rolle als Frau und Mutter verfestigen. In dieser Logik bewegen sich die Reformvorschläge von Malfatti und der PCI, die dahin tendieren, das Verhältnis zwischen Schule und Arbeitsmarkt zu rationalisieren, indem sie Massen von Studenten und an erster Stelle die Frauen rausschmeißen. Wir haben gekämpft gegen diese restaurativen Projekte, indem wir unser Recht auf ein Studium verteidigt haben. Deswegen haben wir uns an den Kämpfen dieser Bewegung der Studenten beteiligt, trotz all unserer Besonderheit.

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Schwule Genossen HERAUS!

Das autonome Kollektiv Fuori! aus Mailaind fordert die 24.328 schwulen Genossen in Avanguardia Operaia, Lotta Continua, in dem Spektrum der Autonomia, in PDUP Manifesto und in allen anderen Organisationen und Gruppen der radikalen Linken auf, sich zu zeigen. 

Unser autonomes Kollektiv Fuori! (Einheitliche schwule revolutionäre italienische Front) entsteht aus der Zerstörung/Wiederaufbau der vorhergehenden Gruppe Fuori! aus Mailand.[1] Wir möchten deutlich machen, dass bereits bis jetzt diese Neugründung unseren politischen Vorschlag (Ziele, Praxis der Gruppe, Theorie) sowie unsere Definition von Schwulen, die bereit sind im revolutionären Sinne zu handeln, umfassend verändert.

SAG MIR, WIE DU FICKST, UND ICH WERDE DIR SAGE, WER DU BIST!
Wenn aus der Frage der sexuellen Befreiung inzwischen ein Moment der Konfrontation/Auseinandersetzung für alle, die sich mit einem kommunistischen Projekt identifizieren, geworden ist, ist das der Verdienst von neuen emanzipatorischen Bewegungen. Bewegungen, die – bei Betrachtung der Geschichte – bis jetzt nur von den Frauen und den Schwulen zur Entfaltung gebracht wurden; und das ist kein Zufall: Frauen und Schwule werden beide von der herrschenden Sexualität, die auf dem Primat der Genitalität und des Phallus basiert, nur auf die Produktion/Reproduktion der Familie abzielt und deshalb den freien Ausdruck der Lust zensiert, unterdrückt.

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Die kleine Gruppe in der Vermehrung

Das Subjekt der Bewegung bleibt anderswo. Es verteilt sich auf einen heute schwer zu definierenden Raum, der ebenso wenig auf die muffigen Kategorien der Institutionen, wie auf eines gradualistischen und neoreformistischen Außerparlamentarismus zu reduzieren ist.
Es bleibt anderswo, verschlissen und liederlich. Die Liederlichkeit – eine befriedigende, begreifliche. Neues hervorbringende, interessante Dimension. Aber wie kann man eine Einheit finden, wie Politik machen?
Warum eine Antwort erzwingen?
Wahrscheinlich muss man es klar aussprechen: Die Bewegung hat sich viel weiter entwickelt, als unsere Fähigkeit sie zu begreifen. Die Krise und der Reformismus, die seit undenklichen Zeiten eine gut funktionierende Allianz eingehen (und man sollte uns keine Kabalen vom historischen Kompromiss erzählen, der in Wirklichkeit die bloße institutionalisierende Formulierung einer seit Ewigkeit existierenden Realität darstellt) haben auf die, wie aus einer Flutwelle emporgetauchten, politischen Gesamtzusammenhänge von 68/69 eine zerstörerische Wirkung ausgeübt. Zum einen haben sie sie eingeschlossen in eine neoreformistische, gradualistische und ausgesprochen institutionalisierende Perspektive, zum anderen haben sie sie aufgelöst, in die Situation gebracht, in der sie heute befinden, vor das Problem gestellt, ein Selbstverständnis zu finden, ein Terrain abzustecken, in dem sie sich bewegen.

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Arbeiter-Autonomie mit kleinem a

DIE ALLGEMEINE AUSBREITUNG DER BEDÜRFNISSE NACH BEFREIUNG SAMMELN

Ein neues Gespenst geht auf den italienischen Straßen um, es ist jenes der AUTONOMIA operaia.[1] Die Zeitungen haben es bereits eingeordnet. Das ist die neue Gruppe. Von jetzt an wird, aus reiner Gewohnheit, das Kürzel in den von der Ansa bereitgestellten Listen der Demonstrationsteilnehmer und in den Anklagen gegen die Unverantwortlichkeit und den Extremismus, die von den Funktionären der gewerkschaftlichen und politischen Kontrolle vorgetragen werden, auftauchen.
Aber die Gruppe Autonomia operaia gibt es nicht. Es gibt einzelne Gruppen, die in der Realität der Kämpfe in der Fabrik, der Schule, des Viertels verankert sind: Jede dieser nennt sich so, wie sie will und wie sie es für richtig hält und nimmt an der „autonomia“ –  jener, das ist wichtig, mit dem kleinen a – teil, in dem Ausmaß, wie sie wirklich in der Bevölkerung verankert ist, wie sie fähig ist – in der Bevölkerung – Agitation zu betreiben, Organisierung und Gegenmacht zu bestimmen.

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ZUR KRITIK DER REVOLUTION, die Revolution zu machen,

Die Klausur von Bologna ist eine zu große Gelegenheit, um sie auf ein bloßes Spektakel zu reduzieren, auf eine Demonstration der Stärke dieser Bewegung, und deshalb auf eine idiotische Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Gruppen. Der Punkt ist, dass wir uns das erste Mal das Problem der Revolution in einer konkreten Form stellen. Die jungen Proletarier, aber auch immer größere werdende Teile der beschäftigten Arbeiter werden sich bewusst, dass diese Staat nichts anderes als Elend, Ausbeutung und Repression hervorbringen kann. Und deshalb kann es nur um eine Sache gehen: Den bestehenden Zustand umstürzen. Gegen die Dringlichkeit und die Möglichkeit des Kommunismus, gegen diese aktive Tendenz – eine entschlossene Maschine der Klasse und nicht ein metaphysischer Moloch der Macht – konstituiert sich der Staat als Druck, als Kommando, als Kontrolle des Lebens.
Die Beschaffenheit der Revolution kann nicht anders denn neu sein. Wir glauben nicht an die Errichtung eines neuen Staates. Es kann nicht darum gehen, eine neue Maschine der Kontrolle und der Herrschaft über den lebenden Körper der Gesellschaft zu errichten. Die Geschichte der Revolutionen, die wir kennen, ist eine Geschichte der Gewalt gegen den lebenden Körper der Massen in Bewegung, sie ist die POLITISCHE Durchsetzung einer Form der Entwicklung. Nichts wäre antimaterialistischer und deshalb repressiv als die Idee, die Revolution würde einen Staat errichten, der der Gesellschaft, dem Leben der Massen und der Ordnung der Bedürfnisse und Begehren eine Form gibt. Die Bewegung der Begehren bedeutet einen befreiende Apparat, der die Macht als Auflösung einer jeden Blockade der internen Entfaltung eines Anwendungsprozesses der Intelligenz begreift.

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Ergreift bitte nicht die Macht!

Das Problem des Bruchs. In keiner Weise können wir es umgehen. Entschlossene Massen, die in tausend Richtungen drängen. Lenin, eine Intuition, an einem Punkt brechen, den ganzen Rahmen ändern. Ein Fingerzeig, die Macht ergreifen. Wir kennen den unendlichen Wahnsinn, die unendliche grausame Gewalt, den unendlich idealistischen Anspruch des Sozialismus.
Die Macht zu ergreifen heißt, dass die Partei den (leeren?) Ort des Staates ergreift und diese auf paranoide Weise hypersubjektive Gestalt modelliert die reale Gesellschaft durch eine Operation der gigantischen Gewalt gegen den lebenden Körper der Massen.
Der Staat, der die Gesellschaft ändert. Könnt ihr euch das vorstellen?
Das ist die paranoide Idee, die die moderne Gesellschaft ab dem Moment, in dem der Widerspruch der Arbeiter begonnen hat, die Einheit der Organisation und der Arbeit aufzulösen, geführt hat. Es ist der Wahnsinn, den Nationalsozialismus und Stalinismus, Faschismus und New Deal, Keynes und die Demokratie gemein haben.

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Flugblatt zum politischen Einkauf

Heute, am 11. Dezember, haben wir die KAMPFMETHODE des POLITISCHEN EINKAUFS im Supermarkt in der via Lagrange sowie im Großmarkt in der via Volterra, im Viertel von Brusegana, beide Teil der Vertriebskette von Despar, praktiziert.
Die praktische und propagandistische Umsetzung der proletarischen Parole von den POLITISCHEN PREISEN zeigte sich exemplarisch in der Verteilung der Lebensmittel und der Gebrauchsgüter, die dem multinationalen Konzern Despar mittels der Methode des politischen Einkaufs entzogen wurden, im Viertel.
Die organisierte Bewegung gegen die Teuerungen war gezwungen die Kampfmethode der militanten Kontrolle des Viertels anzuwenden, um zu verhindern, dass unverantwortliche Aktionen von Hitzköpfen der Carabinieri, der Polizei oder der lokalen Faschisten (die den Vorgaben der Herrschenden gehorchen und dazu tendieren jeden offensiven Kampf der Arbeiterklasse und des Proletariats zu unterdrücken) das Leben der kommunistischen Aktivisten und der Proletarier des Viertels in Gefahr bringen und das politischen Signal dieser Aktion verzerren könnten.

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