ZUR KRITIK DER REVOLUTION, die Revolution zu machen,

Die Klausur von Bologna ist eine zu große Gelegenheit, um sie auf ein bloßes Spektakel zu reduzieren, auf eine Demonstration der Stärke dieser Bewegung, und deshalb auf eine idiotische Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Gruppen. Der Punkt ist, dass wir uns das erste Mal das Problem der Revolution in einer konkreten Form stellen. Die jungen Proletarier, aber auch immer größere werdende Teile der beschäftigten Arbeiter werden sich bewusst, dass diese Staat nichts anderes als Elend, Ausbeutung und Repression hervorbringen kann. Und deshalb kann es nur um eine Sache gehen: Den bestehenden Zustand umstürzen. Gegen die Dringlichkeit und die Möglichkeit des Kommunismus, gegen diese aktive Tendenz – eine entschlossene Maschine der Klasse und nicht ein metaphysischer Moloch der Macht – konstituiert sich der Staat als Druck, als Kommando, als Kontrolle des Lebens.
Die Beschaffenheit der Revolution kann nicht anders denn neu sein. Wir glauben nicht an die Errichtung eines neuen Staates. Es kann nicht darum gehen, eine neue Maschine der Kontrolle und der Herrschaft über den lebenden Körper der Gesellschaft zu errichten. Die Geschichte der Revolutionen, die wir kennen, ist eine Geschichte der Gewalt gegen den lebenden Körper der Massen in Bewegung, sie ist die POLITISCHE Durchsetzung einer Form der Entwicklung. Nichts wäre antimaterialistischer und deshalb repressiv als die Idee, die Revolution würde einen Staat errichten, der der Gesellschaft, dem Leben der Massen und der Ordnung der Bedürfnisse und Begehren eine Form gibt. Die Bewegung der Begehren bedeutet einen befreiende Apparat, der die Macht als Auflösung einer jeden Blockade der internen Entfaltung eines Anwendungsprozesses der Intelligenz begreift.

Aber dieser Prozess trifft auf Widerstand, er ist gezwungen sich auf das Terrain der Taktik einzulassen. Und um die Taktik der Bewegung geht es heute in Italien, wo die Beziehung zwischen Verweigerung und Organisierung, zwischen Entfremdung und Massenkampf am weitesten fortgeschritten ist.
Italien brechen und einen Prozess der europäischen Neuzusammensetzung der Nomaden der Ablehnung der Arbeit, der Proletarier der Intelligenz eröffnen.
Das ist der Modus, in dem fortzufahren wäre. Ohne Angst sich daran zu erinnern, dass nach jedem Februar ein Oktober kommt.

Situation und Intelligenz
Die Bewegung produziert dauerhaft eine heiße Situation. Das normalisierende Verfahren besteht darin, die sozialen Kräfte, das auf Transformation ausgerichtete Massenunbewusste, in solche Situationen, die wir kalte nennen wollen, zu zwingen. In den heißen Situationen wird dauernd alles in Frage gestellt, das Unbewusste produziert, indem es sich verlagert, die Proletarier gewinnen Räume der Autonomie, indem sie sich innerhalb der Produktionsbedingungen, die die Restrukturierung geschaffen hat, um sie auseinanderbringen, wieder als Klasse zusammenzusetzen.
Die heiße Situation ist der Vereinigungspunkt der molekularen Prozesse der Transformation und der Verlagerung, in dem jeder sich auf den anderen nicht aufgrund der Rolle, die er hat, sondern aufgrund der Sympathie, die er ausdrückt, dem Strom an Begehren, den er freisetzt, der Löcher, die in der in der Kompaktheit des Verhaltenspanzers öffnet, bezieht. Der Staat normalisiert, indem er einen molaren, einheitlichen, bevollmächtigten, gesetzmäßigen Ort (die Institution) für die Molekularität der Verhaltensweisen vorsieht.
Die Geste (Signifikant der Sympathie) wird negiert, und in Begriffen des Signifikat interpretiert. Aber die Modalitäten der Interpretation, des Signifikats werden vom Kodex vorgegeben.
Der reale Prozess der Ablehnung der Arbeit wird also vom Kodex der Verwertung interpretiert, in deren Rahmen aber nicht alles möglich ist, sondern nur eine neue Organisation der Arbeit. Der Ablehnung der Arbeit wird so die Bedeutung verweigert, weil der Interpretationsrahmen schon feststeht (und in Konformität mit dem Prinzip der Mehrwertproduktion gebildet ist)
Aber Achtung: Wieso kann die kalte Situation, in der GESCHICHTE, die Ströme der Bewegung, die heißen Situationen, die sich auch aus dem Sozialen, aus dem Bedürfnis, aus der materiellen Dringlichkeit und dem Massen-Unbewussten ergeben, normalisieren?
Die heiße Situation tendiert nämlich dazu, sich als Verwahrerin der „heißen Intelligenz“ (jene der Geste-Signifikant, der Verweigerung, der Taktik) zu sehen und der kalten Situation den Besitz der „kalten Intelligenz“ (das sind dann die Normen, der Kodex, das Gesetz, die Diktatur des Signifikats) zu überlassen.
Die Macht gründet sich auf dieser Abtrennung, weshalb ihr das Monopol der Interpretation und der Formalisierung, d.h. zum Beispiel der Technik und der Wissenschaft, bleibt.
Die heiße Situation kann im Gegenzug einen kalte Apparat, der nicht normativ (nicht normalisierend) ist, bauen. Eine Technik der Transformation, eine Technik der Ablehnung der Arbeit und des Sich-Woanders-hin-Verlagerns (so sehr die existierende Technik dafür geschaffen ist, dich zur Arbeit und zur Territorialisierung als Produzent von Wert, als abstrakte Arbeit zu zwingen)
Das Problem der Macht heute, liegt in letzter Konsequenz darin.
Die Macht unterdrückt die ganzen befreienden Möglichkeiten, weil sie als normalisierender Apparat handelt und die Abhängigkeit der kalten Intelligenz von der kalten Situation aufrechterhält. Indem sie die Wissenschaft und die Technik zu Arbeitsanhängsel des Kodex und der Norm der Wertproduktion reduziert.
Die Macht als „Möglichkeit zu“, d.h. der Aufbruch der Grenze und die Entfesselung der Potentialitäten, die in der Entwicklungen der Produktionsphasen selbst und der akkumulierten sozialen Intelligenz, ist allerdings gänzlich eins mit der Eroberung der kalten Intelligenz (der Fähigkeit zur Formalisierung) durch die heiße Situation.
Das Unbewusste bringt Begehren hervor, aber das Begehren gibt sich einen formalisierten und gültigen Apparat, der Reichtum produziert, also Begehren, also lebt das Unbewusste endlich ein angenehmes Leben. Dank der vergangene Mühe, zu der sein Körper gezwungen wurde, und die es gezwungen hat für Jahrhunderte unterdrückt zu bleiben, d.h., eben im alten kalten und freudschen Modus: unbewusst.

Die Geschichte zerbrechen
Die Formen der politischen Organisierung haben bis jetzt als molare Apparate der Wiederherstellung der Einheit der GESCHICHTE gegen die Vielfältigkeit der Geschichten funktioniert.
Die GESCHICHTE; die Akkumulation von in Kapital transformierter Arbeit, die Errichtung des Staates als diffuse Kontrolle über das Leben der Arbeiter und über die Hingabe des Lebens an die Wertproduktion.
Das Netz der molekularen Prozesse wird auf die Herrschaft des Leistungsprinzip zurückgeführt, das sich im Staat verstetigt und auf die diffuse und molekulare Struktur rückwirkt und sie in ein Netz zur Reproduktion der Macht verwandelt.
Die Geschichten, all das, was in der Realität passiert, der reale und diffuse Widerspruch zwischen Begehren und Leistungsprinzip, die Molekularität der Ströme, die nicht mehr zur Einheit, von der die Figur des bürgerlichen Individuums (molar, einheitlich) und jene des Produzenten Zwangsformen sind, zusammengeführt werden können.
Wenn wir an diese wechselseitige Einschreiben der GESCHICHTE in den Geschichten, und der Geschichten in der GESCHICHTE denken, werden wir uns bewusst, dass die Politik im Grunde ein Terrain der Molarisierung ist, der zwangsweisen Rückführung auf die Einheit, und die Partei, als Form der politischen Organisierung, war effektiv der Garant der Einheit der GESCHICHTE gegen die Vielfältigkeit und der Streuung der Geschichten.
Das Problem der Revolution also neu denken, die Revolution kritisieren.
Wir können sagen, dass revolutionäre Umsetzungsversuche bis heute als enorme konterrevolutionäre Sperren gewirkt haben. Indem sie sich im Raum eines sehr diffusen Prozesses der Transformation, der Aneignung, der molekularen Befreiung, eingerichtet haben, haben sie diesen Prozess auf Politik, auf den Staat reduziert, haben sie mit der Kraft einer Macht – die sich durch Revolution als legitimiert darstellte – die Auflösung der produktiven, diskursiven und existenziellen Identität zur terroristischen Einheit, die das Subjekt in Auflösung-Neuzusammensetzung negiert, gezwungen, um die Einheit des Individuums (mit der bürgerlichen Revolution, mit dem jakobinischen Terror, mit dem aufgeklärten Rationalismus, der positivistischen Wissenschaft) und die Einheit des Produzenten (Mit dem Sozialismus, dem stalinistischen Terror, mit dem „Wir gestalten die Wirtschaft“) zu errichten.
Als wir den Prozess, der zum März `77 geführt hat, in Gang gesetzt haben, haben wir eine Vielzahl von Schüben erlebt, die auf der heiße Situation der Bewegung beruhten. Wir erkannten deren Unreduzierbarkeit auf die Politik, und versprachen dessen Reichhaltigkeit und Autonomie zu respektieren. Haben wir dieses Versprechen eingehalten? Ist es genug, den Staat und seine Henker für den der Folge eingerichteten Terror anzuklagen?
Natürlich, aber es ist nicht genug. Wir müssen sagen, dass wir keine geeignete Theorie der Revolution entworfen haben.
Die Revolution kritisieren, die Revolution machen!
Klar, aber die Kritik der Revolution darf nicht die Umgehung des Problems des Bruchs werden.
Um zu verhindern, dass die realen Ströme auf die Einheit der Politik reduziert werden, dürfen wir nicht zulassen, dass die Vereinheitlichung der realen Ströme durch die Politik der Macht durchgeführt wird.
Das Terrain wechseln, seinen Ort ändern, das Gegenteil von dem, was wir gestern gesagt haben, sagen. Das bringt uns zum Problem des Bruchs.

(Aus A/traverso 1. September, 1977)

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