Wir sind als Gruppe zur Entscheidung gelangt uns aufzulösen, um in der Praxis und in der Realität, den Kern unseres politischen Vorschlags realisieren zu können: Die Organisierung der Arbeiter*innen-Autonomie und die Praxis eines Keims der Arbeiter*innen-Leitung über den Prozess der Organisierung und der Bewegung.
Unsere Auflösung ist jedoch nicht ein Vorschlag, der nur unsere Neuorganisation (und sei sie auch auf die politischen Arbeiter*innen-Kollektive ausgedehnt) betrifft: Es ist ein Vorschlag, von dem wir nicht denken, dass wir darauf das Monopol haben, auch wenn wir gerne Teil davon sind, ihn verbreiten und propagandieren.
Wir wissen, dass andere, auf anderen Wegen, bereits zum gleichen Ergebnis gekommen sind, und dass wiederum andere, in naher Zukunft, bis ins letzte Detail, die Krise nach Art der Gruppen Politik zu machen erleben werden.[i] Nicht nur das: Wir wissen auch, dass in der Fabrik und in den Schulen eine Phase der heftigen Konfrontation mit der reformistischen Linie und der entsprechenden Praxis beginnt, die breite Räume für eine anders organisierte politische Arbeit eröffnen wird.
Wir glauben also, dass dieser Vorschlag, der in unserer politischen Praxis geboren wurde, auch in Bezug auf die politischen Phase, die sich eröffnet, reif ist (und deshalb ist die Auflösung unaufschiebbar)
Hin zur Sozialdemokratie
Tarifverhandlungen und die Besetzung der Fiat, der Fall der Andreotti-Regierung und die Eröffnung einer sozialdemokratischen Phase sind der Kontext, der die Kräfteverhältnisse zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse bestimmt. Die in den Tarifverhandlungen durchgesetzte politische Linie und die gewerkschaftliche Politik nach den Verhandlungen sind die Säulen dieses neuen sozialdemokratischen Gesamtbilds, dessen fortgeschrittenster Ausdruck auf der allgemeinen politischer Ebene der Vorschlag des „historischen Kompromisses“ durch die KPI ist: Ein Gesamtbild, die die neue Stärke der Arbeiterklasse berücksichtigt und versucht sie zur Akzeptanz der eigenen Aufsplitterung und der eigenen Unterordnung unter die allgemeinen Interessen des Landes zu bringen.
Es geht um die Definition der Verhältnisse zwischen der Arbeiter*innenklasse und der Bourgeoise für eine ganze politische Phase.
Und die Bewegung?
In den Fabriken ist keine Phase der Verallgemeinerung der Kämpfe auf Grundlage eines spontanen und vereinenden Bewegung, die in der Läge wäre, den Angriff der Bourgeoise komplett umzukehren, absehbar. Für sich allein sind die revolutionären Kräfte nicht in der Lage, eine solche Verallgemeinerung durchzuführen.
Wird es reibungslos über die Bühne gehen?
Das glauben wir nicht. Fabrik um Fabrik, Abteilung um Abteilung ist die Konfrontation zwischen den Bedürfnissen der Arbeiter und der politischen Linie, die vorgibt sie auszudrücken, unausweichlich, genauso wie die Konfrontationen zwischen den Fabrikräten sowie den Delegierten, die auf irgendeine Weise diese Bedürfnisse ausdrücken, und den Gewerkschaften, die diese Wendungen ersticken wollen.
Lohngleichheit und Automatisierungen, Forderungen nach einen garantierten Lohn und nach beträchtlichen Lohnerhöhungen, die Verwendung der Fabrikräte, um diese Notwendigkeiten auszudrücken, sind in dieser Phase der Verhandlungen mit dem Diskurs der Professionalität, den kapitalistischen Notwendigkeiten der Restrukturierung, den Angriff auf die Kampfformen (Unterbrechungen der Produktion in einzelnen Fabrikabteilungen und zu abwechselnden Zeiten), die Waffenruhe im Bereich der Lohnkämpfe und den Versuch, die Fabrikräte auf Propagandisten der gewerkschaftlichen Spitzen zu reduzieren, zusammengestoßen.
Darüber hinaus stand das reformistische Projekt in den Schulen schon immer auf tönernen Füßen und wird sich mit einer Bewegung herumschlagen müssen, die große Möglichkeiten hat in der kapitalistischen Organisation der Bildung und der Kultur, den Kosten (der Bildung und des Lebens), der Selektion nach Leistung (Vorschlag der KPI als Korrelat zur Professionalität), in der Schulreform ein Terrain des Kampfs und der massenhaften Politisierung zu finden, das sich mit dem Protest gegen die Bedingungen des Lebens, der Repression und der Unterordnung, die den Jugendlichen vom kapitalistischen System auferlegt werden, verbinden könnte.
Das Problem ist also, wie man realistisch innerhalb dieses neuen politischen Kontexts handeln kann.
Die Arbeiter*innen-Autonomie
Was verstehen wir unter Arbeiter*innen-Autonomie?
Im Grunde die Tatsache, dass die Arbeiter*innenklasse, Fabrik um Fabrik, Abteilung um Abteilung (und auch, manchmal, als allgemeine Bewegung) in den Kampfformen, den Zielen, den organisatorischen Formen die Ablehnung der kapitalistischen Arbeit und gleichzeitig die Ablehnung der Wiederversöhnung mit der von den Reformisten vorgeschlagenen Arbeit zeigt. Ablehnung der Arbeit und Fremdheit ihr gegenüber, die nicht zufällig, sondern in der objektiven Situation der Klasse, die die Entwicklung des Kapitalismus immer wieder und auf immer höherer Ebene reproduziert, begründet sind: Die neue Stärke der Arbeiterklasse ergibt sich aus seiner Konzentration und Homogenität, ergibt sich aus der Tatsache, dass der kapitalistische Gesamtzusammenhang sich über die traditionelle Fabrik hinaus ausdehnt (und im Besonderen, in den sogenannten tertiären Sektor), und damit auch dort Kämpfe, Ziele und Verhaltensweisen, die tendenziell auf der Fremdheit gegenüber der kapitalistischen Arbeit beruhen, produziert.
Die kapitalistische Entwicklung entreißt den Arbeiter*innen und den Angestellten ihre verbliebene Professionalität, zerstört so ihre emotionale Bindung und jede mögliche Identifikation mit der vom Kapital auferlegten Arbeit, jede Illusion, Karriere zu machen, und reduziert sie somit darauf, im Tausch für Lohn, um zu überleben, bloße Abgabe von abstrakter Arbeit zu sein. Man hat nichts zu verlieren, wie Marx (deutscher Genosse, der vor 100 Jahren lebte) sagte, außer die Ketten eines Arbeitsverhältnisses, das vollständig Eigentum des Kapitals ist.
Das ist der Stand der Dinge, ihre Tendenz: die Entwicklung der Produktivkräfte bestimmt mittlerweile eine immer größere werdende Fremdheit des Arbeiters gegenüber der abstrakten Arbeit, zu der er gezwungen ist.
Klar, Tendenz bedeutet nicht unmittelbare Realität: Aber wo muss ein Projekt für die kommunistische Revolution, um ihre Inhalte und ihre Organisationsformen auszuarbeiten, beginnen, wenn nicht ausgehend vom höchsten Level des Antagonismus zwischen Kapital und Arbeit, vom höchsten Level der Fremdheit und Entfremdung?
Die Politik in erster Person
Die Organisation der Arbeiter*innen-Autonomie bedeutet den Raum zu identifizieren und zu schaffen, damit sich die Elemente der Ablehnung der kapitalistischen Arbeit und die Inhalte der Fremdheit ihr gegenüber auftauchen und sich immer mehr zur massenhaften Politisierung generalisieren. Sie bedeutet diese Elemente in einer politischen Praxis zusammenzubringen und zu organisieren – ausgehend von der Fabrik, aber nicht auf ihr begrenzt.
Angesichts des Aufstiegs der Sozialdemokratie, sind es nicht die Härte in den Vertragsverhandlungen und die Bildung eines Pols links der KPI, wie die Gruppen vorschlagen, die auf eine Lösung hinweisen. Gegenüber diesen Versuchen behält die Sozialdemokratie Recht. Es gelingt ihr ohne Schäden durchzukommen.
Der zentrale Knoten ist die neue Qualität der Autonomie und der Kräfte der Arbeiter*innen. Die Avantgarde ist nicht mehr der Facharbeiter der Fünfziger Jahre, sondern die ungelernten Arbeiter*innen und Angestellten.
In den 60er Jahren ist ein neues Subjekt sowohl des Antagonismus mit dem Kapital als auch der Organisation der Arbeiter*innen geboren. Es ist eine Avantgarde entstanden, die massenhafter ist, Trägerin einer neuen Fremdheit der Arbeit gegenüber, ohne zu viele Gelegenheiten, sich Illusionen über eine Karriere zu machen, eine Avantgarde, die immer weniger Identifikationsmöglichkeiten mit der Arbeit findet, „gebildeter“ nicht nur durch die Schule, sondern durch das Ganze der Gesellschaft, also eher in der Lage, sich in erster Person die Politik wieder anzueignen
Heute ist es also eine neue Art der Organisierung und der Identifizierung eines Raumes der konkreten Arbeiter*innen-Leitung möglich und notwendig.
Welche Zentralisierung?
Es sind diese qualitativ neuen Elemente, die in den Orten der kapitalistischen Produktion entstehen, die eine Organisation, die in der Lage ist, diese auszudrücken und zu generalisieren, finden müssen. Innerhalb der Bewegung und als „Avantgarde“ der Bewegung, nicht als externe, in einer Gruppe organisierte, politische Idee, die die Bewegung lenkt. Eine Zentralisierung auf Grundlage einer allgemeinen politischen Linie, die von einer Gruppe getragen wird, ist nicht plausibel.
Erstens, weil diese umfassende politische Linie heute nicht existiert (oder, falls sie existiert, an der Vergangenheit der Beziehung Arbeiter*innen-Kapital gebildet wurde);
Zweitens, weil ihre Bildung von der falschen Annahme der Gruppen, sie bereits zu besitzen, blockiert wird.
Und, schließlich, weil ihre Bildung nirgendwo anders herkommen kann als aus dem Inneren der Bewegung als Keim der Arbeiter*innen-Führung.
Was wir ablehnen, ist eine Zentralisierung zu einer allgemeinen politischen Linie, die von außen auf diese autonomen Momente übertragen wird und alles über die Fabrik, die Schule, die Jungen, die Frauen und die Kinder zu sagen hat, indem sie diese in Schubladen und Kategorien einordnet und angibt (bei sich selbst angefangen und eine konkrete Praxis verweigernd), wie viel diese jeweils an Kleinbürgerlichen und wie viel an Revolutionären enthalten. Also eine politische Linie, die sich weigert innerhalb der Bewegung zu sein und von seinen Widersprüchen auszugehen.
Was wir vorschlagen, ist die Gründung von Gruppen und autonomen Fabrik-kollektiven und ihre Koordination entlang eines Programms, das das zusammenfassen sollte, was die Arbeiter*innen-Autonomie in diesen letzten Jahren ausgedrückt hat, um deren strategischen Aspekt zu entwickeln, ihn zu generalisieren und auf andere Sektoren der Bewegung zu übertragen.
Aber diese Übertragung muss 1) das Ergebnis eines autonomen Ausdrucks derjenigen, die „außerhalb“ der Fabrik agieren und dort politische Praxis betreiben 2) muss schließlich ein Terrain der Konfrontation und der Überprüfung ausgehend von der Fabrik finden.
Die Arbeiter*innen-Autonomie organisieren, bedeutet daher nicht sich in einer externen Gruppe zu organisieren, sondern sich als Arbeiter*innen-Gruppen, die die Träger der fortgeschrittensten Inhalte des Kampfzyklus dieser Jahre sind, zu organisieren und zu koordinieren, sowohl um die eigene an die Massen gerichtete Intervention in der Fabrik zu leiten als auch, um Zeiten und Weisen desselben Organisationsprozesses festzulegen.
Nicht einzelne Arbeiter*innen, die sich wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe als Avantgarde sehen, sondern Kollektive von Arbeitern*innen, die sich als politische Avantgarde der Bewegung verstehen, um sich mit anderen Kollektiven zu verbinden und zu koordinieren.
Also Politik in erster Person machen.
Nur so können Programm und Organisation, in den nötigen Zeiten und auf die nötige Art, aus der Fabrik heraus entstehen und das derzeitige Niveau des Antagonismus zwischen Arbeiter*innenklasse und Kapital deutlich zum Ausdruck bringen können.
Also braucht es die „Intellektuellen“ nicht mehr und es genügen die „schmutzigen Hände“? (wie manche uns vorwerfen, zu theoretisieren)
Nein, sicherlich nicht. Was auf jeden Fall nutzlos ist, ist der Intellektuelle, der die Linie von außen vorgibt, das, was notwendig ist, ist hingegen die intellektuelle Arbeit innerhalb des Projekts der Organisation der Arbeiter*innen-Autonomie zur Herausbildung und zur Ausarbeitung einer Theorie, die wirklich akzeptiert, auf dieser Grundlage beurteilt zu werden.
Theoretischer Austausch und Einheit um das Programm der Organisation der Arbeiter*innen-Autonomie sind die einzigen Begriffe, in denen eine Kontrolle der Arbeiter*innnen über die Bildung der Theorie möglich ist. Die „Proletarisierung“ der soziale Zusammensetzung der externen Gruppen ist nicht ausreichend. Es ist notwendig, von den Kollektiven und Gruppen in der Fabrik auszugehen, damit diese wirklich ein Terrain des Austausches zwischen ihnen und mit den „externen Intellektuellen“, als einzelne und nicht als bereits strukturierte politische Gruppe finden.
Bedingungen der Arbeit und Bedingungen des Lebens
Nur für den leblosen und verkalkten Marxismus von heute existieren die Individuen als männliche Arbeitskraft, die älter als 18 Jahre ist. Die Jugend und deren Lebensbedingungen, die Tatsache, eine Frau zu sein und somit ganz bestimmte Widersprüche mit dieser Gesellschaft zu haben, sind kleine Farbschattierungen. Das Subjekt der Politik ist männlich, erwachsen, normal. Ohne allzu viel Affektivität, Emotionen, Gefühle. Es ist rational und tendenziell demokratisch und/oder revolutionär. Darüber hinaus ist es immer bereit, über die Tendenzen des Kapitalismus und seiner Geschichte zu diskutieren. Und auf dieser Grundlage sich in einer Gruppe zusammenschließen, wenn es revolutionär ist.
Dass die Arbeiter*innen eine Kindheit in einer Familie hatten, dass sie natürlich Arbeiter*innen sind, aber dann auch im Spezifischen Töchter und Söhne, Väter und Mütter, Ehemänner und Ehefrauen, scheint zufällig. Der Ansatz ist also, dass man ihm, den Arbeiter, die richtige Dosis Marxismus-Leninismus verabreicht, um ihm zu erklären, wie der allgemeine und abstrakte Arbeiter – nur von dem ist die Rede – ausgebeutet wird und von welchen Mechanismen. Davon ausgehend konstituiert sich die Avantgarde und man macht die Revolution.
In Wirklichkeit sind die Dinge allerdings etwas anders.
Familie und Sex, die Lebensbedingungen der Jugendlichen und der Frauen, affektive und intellektuelle Repression, Marginalisierung derer, die nicht „normal“ sind, sind die alltägliche Konkretheit, in der sich die vom Kapital aufgezwungene Sklaverei der Fabrik und des Lebens ausdrückt. Der Arbeiter, revolutionär in der Fabrik und reaktionär in der Familie und im Bett, ist keine Erfindung. Er ist das Resultat einer materiellen Gewalt des Kapitalismus, der gewalttätigen Durchsetzung der Akzeptanz, die eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken, um sich als Arbeitskraft zu reproduzieren.
Die eigenen Bedürfnisse befreien und ausdrücken und als treue Arbeitskraft für das Kapital zu funktionieren sind nicht kompatibel.
Die Inhalte der Befreiung sind nicht nur von der Fabrik vorgegeben, auch wenn diese einen tiefgreifenden Zusammenhang mit der Ablehnung der Arbeit und der Fremdheit der Arbeiter*innen ihr gegenüber haben.
Aus der Studentenbewegung, aus der Bewegung der Jugendlichen im Allgemeinen, aus jener zur Befreiung der Frau, aus den Kämpfen gegen die Marginalisierung und die Repression sind Diskurse und Inhalte über die Familie, Sex, die sozialen und persönlichen Rollen, Keime (und zwar nur Keime, aber extrem wichtige) von Vorschlägen für einen umfassenden Kampf gegen die Welt des Kapitals, Vorschläge, die tendenziell inkompatibel sind mit einer Welt, in der man lebt, um zu arbeiten und in der man sich reproduziert, um erneut zu arbeiten, entstanden.
Mit den Bewegungen, die diese Inhalte ausdrücken, ist eine Beziehung notwendig, die auch widersprüchlich sein wird, die aber eine unabdingbare Dimension eines Diskurses für die umfassende Befreiung von allen und von jeden ist.
Aus der Verweigerung der Arbeit und aus den Inhalten, die von diesen Bewegungen vorgebracht werden – ergibt sich ein eindeutiger Hinweis: GENUG MIT DER GESELLSCHAFT DES LEBENS, UM ZU ARBEITEN!
An wen wenden wir uns?
Indem wir uns auflösen und als Gruppe negieren, drücken wir praktisch den Fakt aus, dass wir unseren Weg nicht als einzigen richtigen sehen: Wir glauben an unser Projekt, aber der Weg der Gruppe Gramsci-Politische Arbeiter*innen-Kollektive ist sicherlich nicht der einzige, der dieses austestet. Andere sind auch dort hingelangt und das auf anderen Wege. Indem wir uns als Gruppe auflösen, wollen wir verhindern, uns von ihnen abzuspalten, von ihnen wegen theoretischen Unstimmigkeiten über die allgemeine politische Linie abzuspalten, und sich stattdessen der Substanz widmen und sich über das Programm auszutauschen.
Wie wir bereits gesagt hatten, richten wir uns in der Fabrik an die, die den Widerspruch zwischen den Ansprüchen, Bedürfnisse, der Autonomie der Klasse und der reformistischen, gewerkschaftlichen Linie leben, an diejenigen, die die Notwendigkeit sich autonom in politischen Projekt, das in erster Person vorangetrieben wird, zu organisieren, spüren.
In der Schule, an jene Schüler*innen, die sich nicht in den Gruppen und ihrer Politik wiederfinden: nicht, weil sie entpolitisiert sind, sondern weil sie die Notwendigkeit sich zu organisieren – autonom von den Gruppen, ausgehend von den eigenen Bedürfnisse und eigenen Problemen, als Moment eines breiteren Projekts, das mit dem Wachstum der Arbeiter*innen-Autonomie verknüpft ist – spüren.
In der Bewegung, an jene Sektoren der Jugendbewegung und der feministischen Bewegung, der Bewegungen, die gegen die Marginalisierung kämpfen, die eine Auseinandersetzung mit dem Wachstum der Arbeiter*innen-Autonomie akzeptieren und sich den Widersprüchen, die sich ergeben würden, bewusst sind, aber dennoch bereit sind, aus dieser Auseinandersetzung eine praktische Erfahrung zu machen.
VON DER „LOGIK DER GRUPPE“ ZUR „LOGIK DER BEWEGUNG“
Mit „68“ haben sich viele Dinge verändert: der französische Mai, Vietnam, Tschechoslowakei und Polen, Kulturevolution, Studentenbewegung und antiautoritäre Bewegung auf internationaler Ebene. Beginn eines Zyklus von Arbeiter*innen-Kämpfe mit neuer Qualität: Eine Wende hat stattgefunden: auf einer massenhaften Ebene und mit einer Reichhaltigkeit an Inhalten, die uns zur Reflexion bewegen sollte.
Natürlich gab es eine tiefgehende Unreife und Unvorbereitetheit der Avantgarden: in vielerlei Hinsicht sind sie erst später gewachsen und haben ein Bewusstsein gebildet, auf Grundlage dieser ganzen Bewegungen. Heute gibt es mehr Organisierung, mehr Bewusstsein, mehr Theorie. Aber es gibt auch eine bemerkenswerte Distanz zur Bewegung, ein „Extern-sein“, das sich organisationistische Abkürzungen übersetzt hat.
Um die am weitesten fortgeschrittenen Punkte, die von den massenhaften Kämpfe dieser fünf Jahre ausgedrückt wurden, wiederzuerlangen, um das Erbe der politischen Avantgarden und der radikalsten Bewegungen in der Bewegung breit zu streuen und nutzbar zu machen, um eine Art der Organisierung und der Intervention, die angemessen ist, das revolutionäre Potential, das hier und heute in den vom Kapitalismus auferlegten Bedingungen der Arbeit und des Lebens enthalten ist, auszudrücken, dafür ist – uns zufolge – heute eine qualitativer Sprung notwendig und möglich – ausgeführt auf der aktuellen Grundlage des größeren Bewusstseins der Avantgarden – von der Logik der „Gruppe“ zur „Logik der Bewegung“.
Die Kritik und die Abschaffung der Ideologie der außerparlamentarischen Linken sind dafür eine Bedingung. Aber jede aristokratische Distanz von der Realität des Erbes der organisierten Avantgarden, das die Gruppen ausdrücken, würde bedeuten, unser Vorschlag zu dem ärmlichen Ergebnis eines „Wir haben es ja gesagt“ zu verurteilen. Das interessiert uns nicht. Genauso wenig interessiert uns, die Gruppen intellektuell von der Sackgasse, in der sie sich gebracht haben, zu überzeugen: Erstens, weil es unmöglich und unrealistisch ist, zweitens, weil uns interessiert, einer Praxis politischer Arbeit eine andere Art der Praxi politischer Arbeit gegenüberzustellen, die zeigt, dass es im Konkreten möglich ist, die Identifizierung von Organisation und externer Gruppe abzuschaffen.
Gerade deshalb interessiert uns nicht, uns in die Bewegung aufzulösen, sondern, im Gegenteil, zu versuchen die autonomen Organisationsformen der Avantgarde der Bewegung zu verbinden und diesem organisatorischen Netz die Fähigkeit zu geben, weite Teile der Arbeiter*innenklasse, der Studierenden, der Frauen, der Jugendlichen zu politisieren – ausgehend von ihren Bedürfnissen und ohne durch Vorgabe einer politischen Linie die Widersprüche, die heute den Prozess der Wiedervereinigung in der Bewegung für eine kommunistische Revolution und für die umfassende Befreiung charakterisieren, abzuschaffen.
Das ist der Grund, dass wir die Einheit auf Grundlage des Programms vorschlagen, das ist der Grund, weshalb wir eine neue Art, Politik zu machen, als fundamental ausmachen.
Einheit um das Programm
In der Geschichte der Gruppen sieht man – und das nicht zufällig – Einheit und Spaltung auf Grundlage der Theorien. Das Programm des Kampfs hat immer eine sekundäre Rolle gespielt. Wenn es zu Annährungen im Programm gekommen ist, waren diese größtenteils den spontanen und vereinheitlichen Wendungen der Bewegung geschuldet.
Die Gruppen, die sich auf Grundlage der Theorie vereinen, haben so die Bewegung gespalten. Im Gegensatz dazu schlagen wir vor, konkret Moment der Vereinheitlichung und der Koordination auf Grundlage eines Programms zu finden, ausgehend von der Gründung von autonomen Organismen in der Fabrik und der Schule und hier das vereinigende Terrain, das vielfältige Möglichkeiten zur Politisierung von Schichten, die noch nicht Teil der Gruppen sind, bereithält, zu finden. Die theoretische Debatte und Auseinandersetzung werden ihren präzischen Sinn auf Grundlage eines präzisen Kriteriums haben: Ihre Fähigkeit zur Klärung der Situation der praktischen Aktion und inwieweit sie zum Fortschreiten des Projekts der Organisierung der Autonomie als Formierung der Arbeiter*innen-Leitung über den Gesamtprozess beitragen.
Also, nicht ein oberflächliches „Umarmen wir uns!“, sondern Einheit in einem präzisen Programm, das ausgehend von der Kampfpraxis dieser Jahre ausgearbeitet werden müsste.
Für die Fabrik: Das Programm der Lohngleichheit und der Verweigerung der Arbeit: Die Gründung von autonomen Organismen in der Fabrik, in denen die Avantgarden einen politischen Bezugspunkt für die Intervention in die Massen, für den Kampf gegen die gewerkschaftliche Linie und für die Arbeit in den Fabrikräten darstellen, Organismen, die im Programm vereint sind und sich in einem Projekt der Koordinierung mit anderen Organismen und autonomen Gruppen zur Gründung eines Netzes der umfassenden Arbeiter*innen-Leitung innerhalb der Bewegung befinden.
Für die Schule: Kampfprogramm gegen die kapitalistische Organisation der Bildung und der Kultur, gegen die Selektion und für eine einheitliche, kostenlose Schule bis 18 Jahren, bei der das Weiterkommen garantiert ist, Gründung von autonomen Organismen der Studierenden, die als Referenzpunkt die Organisation der Arbeiter*innen-Autonomie haben.
Für die Befreiungsbewegungen: Wiedervereinigung der autonomen und spezifischen Inhalte in einem Kampf gegen die Gesellschaft des Lebens, um zu arbeiten, und in Beziehung zu den Inhalten der Verweigerung der Arbeit; wechselseitige Autonomie, aber Akzeptanz einer Auseinandersetzung ausgehend nicht von den Ideen, sondern von den Erfahrungen, den Kontakten, den Diskussionen, den Koordinierungen
Also ein Programm, dessen integraler Bestandteil die Ablehnung von externen Organisationen, die den Organismen in der Fabrik und in der Schule übergestülpt werden, ist, das heißt ein Vorschlag von Organisierung verschieden von jenem der Gruppen.
Nicht defensive Autonomie von den Gruppen, sondern Autonomie des Angriffs, gegründet auf einer anderen politischen Arbeit, für eine reale Konfrontation mit den Gruppen ausgehend von unserer Präsenz in der Bewegung.
Eine Organisation, basierend auf den städtischen und landesweiten Koordinierungen der autonomen Organismen der Fabrik, die zur Bestimmung der politischen Phase, des Niveau der Klassenauseinandersetzung, der gewerkschaftlichen Linie, dessen, was die Arbeiter*innen-Autonomie ausdrückt, dient: Koordinierungen, an denen auch die Studierenden, die sich darauf beziehen, teilnehmen und die sich regelmäßig auch mit Themen der Schule und der studentischen Kämpfe befassen. Ausgehend davon autonomer Ausdruck dieses Programms und dieser Analysen durch die Studierenden und die Lehrenden auf ihren spezifischen Terrain. Also nicht bürokratische und mechanische Arbeiter*innen-Leitung („Die Partei der schmutzigen Hände“), sondern Organisierung, in deren Zentrum die Fabrik und die Arbeiter*innen-Leitung steht, die fähig ist, sich mit den Inhalten und Bewegungen, die sich aus dem spezifischen Terrain der Fabrik und Arbeiter*innenklasse ergeben, auseinanderzusetzen. Und nicht nur in der Schule.
Autonome Bewegungen der Jugendlichen, der Frauen, der sozialen Schichten, die vom Kapital marginalisiert, unterdrückt und ausgebeutet werden, besitzen heute organisierte Momente: Unser Vorschlag ist an all jene unter ihnen gerichtet, die bereit sind sich mit dem Wachstum der Organisation der Arbeiter*innen-Autonomie auseinanderzusetzen, ohne deshalb auf die eigene Autonomie und die eigene Praxis auf Grundlage der eigenen Bedürfnisse zu verzichten. Es geht auch hier darum, wechselseitige Momente der Koordination, der Konfrontation und der Diskussion auf Grundlage der gemachten Erfahrungen zu finden.
ALSO; EINE NEUE ART POLITIK ZU MACHEN?
Sicher. Das ist notwendig.
Weil nicht mehr möglich ist, sich einfach in einer kirchlichen Sprache, als Experten der Politik, von Avantgarde zu Avantgarde zu wenden, das ganze ABC – auch das L und das M – des Marxismus-Leninismus zu kennen und es nicht zu schaffen, konkret über uns und unsere Erfahrungen zu sprechen.
Weil das Bewusstsein und die Erklärungen durch eine Erfahrung der eigenen Bedingungen, Probleme und Bedürfnisse deutlich werden müssen und nicht nur durch Theorien, die die Mechanismen beschreiben.
Nochmals: Eine neue Art, Politik zu machen ist notwendig, damit die politische Praxis in den verschiedenen Sektoren der Bewegung nicht gespalten und getrennt ist, auch dort und in dem Maße, in dem bereits heute ein Minimum des wechselseitigen Austausches auf Basis der verschiedenen Erfahrungen möglich ist.
Schließlich, damit man dazu gelangt, konkret und praktisch die ersten Keime eines anderen Lebens, einer anderen Art wir selbst zu sein und persönliche Beziehungen zu führen – jenseits der Rollen, die uns das Kapital auferlegt, um uns zu marginalisieren, unterzuordnen, uns aufzuspalten, um uns als treue Arbeitskraft für seine Profite zu haben – zu setzen.
Sicher keine „Inseln des Kommunismus“, sondern Bewusstsein, dass heute es praktisch möglich ist, gewisse konkrete Schritte vorwärts in diese Richtung zu machen. Bewusstsein, dass man genug hat von der Logik, den Werten, dem Leben des Kapitals, dass es radikale Dinge zu sagen gibt und ein marxistisches Prinzip, das endlich angewendet werden müsste, jenes Prinzip, das sagt: „Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muß gestürzt werden durch materielle Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift.“ Normalerweise hört man an dieser Stelle auf, aber in Wirklichkeit fährt der Genosse Marx folgendermaßen fort: „Die Theorie ist fähig, die Massen zu ergreifen, sobald sie ad hominem demonstriert, und sie demonstriert ad hominem, sobald sie radikal wird. Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst.”
Es bleibt uns nichts mehr übrig, außer viele Gruppen aufzulösen.
EINE ZEITUNG IN DEN KÄMPFEN UND IN DER BEWEGUNG
All das kann sich, denken wir, auch durch eine landesweite Zeitung ausdrücken. Man wird nicht sofort dahin gelangen, aber das ist der Weg. Einen Weg, der wir sicherlich nicht allein gehen können, da es, um Erfahrungen, die zwar wichtig, aber trotzdem fragmentarisch und lokal sind, zu Dimensionen der Bewegung zu machen, einer breiten Arbeit der Koordination und der Auseinandersetzung, die auch Instrumente nötig hat, bedarf.
Eine Zeitung ist das unabdingbare Minimum, um ein organisatorisches Niveau, ein Niveau der Information, der Ausarbeitung des Programms, zu schaffen, das alle jene lokalen Realitäten, mit denen wir nicht direkt in Kontakt sind, aber die sich in die gleiche Richtung bewegen, erreicht.
Genauso ist es das unabdingbare Minimum, um die Konfrontation zwischen den Erfahrungen der Fabrik, der Schule und der Befreiungsbewegungen anzuregen.
Eine solche Zeitschrift ist ein zu erreichendes Ergebnis, dem gegenüber wir zurückliegen (Einige Übergangsnummern von „Rosso“ könnten uns nützlich sein, um sofort die Erfahrung des Übergangs von einer Zeitschrift einer Gruppe, die über alles was zu sagen hat, zu einer Zeitschrift in den Kämpfen und in der Bewegung, die es schafft Ausdruck all jener Realitäten – breiter und vielfältiger als die ehemalige Gruppe Gramsci – die sich in die Richtung unseres Vorschlags bewegen, zu sein und die Erfahrung einer anderen Führung der Zeitschrift, zu beginnen.
Die Auflösung der Gruppe und die Einführung dieses unseren Vorschlags, die Verbindung mit denjenigen, die in der Fabrik, in der Schule, in den Befreiungsbewegungen, auf anderen Wege zu den gleichen Resultaten gelangt ist, die Vorbereitung und die Diskussion der Ausgaben der Zeitung mit ihnen, die Öffnung der Zeitschrift und der Redaktion für die, die sich in diesem Projekt wiederfinden, die Verknüpfung mit Fabrik- und Schulzeitungen, mit Zeitschriften von lokalen Gruppen: die Beziehung mit anderen Redaktionen zum Austausch von Materialien, Erfahrungen usw. sind die ersten Schritte, die wir machen müssen (und die wir, wenn auch begrenzt, bereits unternommen haben), um „Rosso“ (oder wie die Zeitschrift auch in Zukunft heißen wird) ein Minimum an Glaubwürdigkeit als Instrument und Ausdruck der Koordination der organisierten Momente der Autonomie in der Fabrik, in der Schule, in der Bewegung im Allgemeinen zu geben.
GRUPPO GRAMSCI
Praktizieren wir die Organisation der Arbeiter*innen-Autonomie!
[i] Mit den Gruppen sind hier die außerparlamentarischen Organisationen der italienischen radikalen Linken, die vor allem im Zuge der intensiven Kämpfe in den Fabriken 1969 entstehen, wie Lotta Continua, Potere Operaio oder Avanguardia Operaia, gemeint.