Als feministische Genossinnen, die sich während der Besetzung zusammengefunden haben und ein starkes Bedürfnis verspürten, an ihr teilzunehmen – aber als autonome und eigenständige Gruppe – wollen wir heute diese unsere Erfahrung vortragen in ihrer Widersprüchlichkeit und eben deshalb in ihrer Fülle: allen Frauen, der feministischen Bewegung, der Bewegung der Studenten gegenüber.
Als Frauen leiden wir am stärksten unter der Auslese an der Universität, unter dem kulturell-subalternen Status, außerdem darunter, dass wir als erste vom Arbeitsmarkt gedrängt, oder an den unsichersten und unterbezahltesten Stellen des Proletariats eingesetzt werden, unter anderem als Heimarbeiterinnen. Diese Schule, diese Universität reproduzieren die geschlechtlichen Rollentrennungen, sie emarginieren und ghettoisieren uns in der Schule in „weiblichen“ Fakultäten; sie konditionieren uns für unser Erscheinen auf den Arbeitsmarkt an allerletzter Stelle, schon ausgerichtet auf die traditionell „weiblichen“ Arbeiten, die nicht zuletzt unsere Rolle als Frau und Mutter verfestigen. In dieser Logik bewegen sich die Reformvorschläge von Malfatti und der PCI, die dahin tendieren, das Verhältnis zwischen Schule und Arbeitsmarkt zu rationalisieren, indem sie Massen von Studenten und an erster Stelle die Frauen rausschmeißen. Wir haben gekämpft gegen diese restaurativen Projekte, indem wir unser Recht auf ein Studium verteidigt haben. Deswegen haben wir uns an den Kämpfen dieser Bewegung der Studenten beteiligt, trotz all unserer Besonderheit.
Als Feministinnen erkennen wir uns wieder in einem Projekt, das sich gegen die politische und soziale Normalisierung richtet. Die Kämpfe der Frauenbewegung in diesen Jahren haben eben eine Reihe speziell weiblicher Bedürfnisse zum Ausdruck gebracht, die an und für sich schon subversiv sind, gerade deshalb, weil sie weiblich sind und damit nicht vereinbar mit einer patriarchalischen und kapitalistischen Gesellschaft.
Obwohl wir als Frauen die Notwendigkeit gespürt haben, an dieser Befreiung teilzunehmen und mit ihr auf die Straße zu gehen, gegen alle Versuche, jeder Art von Massenbewegung ihre Existenzberechtigung und ihr Recht auf den autonomen Kampf streitig zu machen, wollen wir aber bekräftigen, dass wir auch in dieser Situation bis zum letzten den Widerspruch Mann-Frau erleben, der uns nicht erlaubt, uns innerhalb der Bewegung plattdrücken zu lassen, sondern uns erneut auf unsere Identität als Bewegung von Frauen verweist.
Der Ausgebeutete ist in jedem Fall Produkt der Hausarbeit einer Mutter und hat nie in Betracht gezogen, was es sie gekostet hat, ihn aufzuziehen, und er betreibt weiterhin die Ausbeutung der Hausarbeit einer Frau, sei sie Mutter, Ehefrau oder Genossin. Der Emarginierte emarginiert die Frau, indem er ihr seine männliche Sexualität aufzwingt, und nicht er, sondern sie ist es, die die Kosten für all diese Vollstopferei mit Verhütungsmitteln trägt, oder dafür, schon mit 20 Jahren drei Abtreibungen hinter sich zu haben. Man könnte stundenlang fortfahren.
Gerade deshalb, weil der Mann in jedem Fall, welcher Klasse er auch immer angehört und welchem Grad der Ausbeutung oder Emargination er unterliegt, diese Rolle des Unterdrückers im Privatbereich spielt, haten wir die Transponierung unserer Inhalte und Parolen aus der Bewegung der Frauen für eine Mystifikation und für unpraktikabel.
Was für ein Leben wollen sich die Genossen zurückerobern? Was für ein privates/politisches Leben wollen sie? Jenes, in dem sie uns Frauen unterdrücken?
Der Widerspruch Mann-Frau hat unser Verhalten während der Besetzung und die Entscheidungen geprägt, die wir als Frauen getroffen haben.
Als Frauen wollen wir nicht nur unseren Körper und unsere Sexualität zurückgewinne, sondern auch die Politik, wir wollen eine Möglichkeit finden, all unsere Widersprüche, auf die „Politik“ im traditionellen Sinne, auf die Öffentlichkeit einwirken zu lassen. Von daher unsere Entscheidung, an der Besetzung teilzunehmen, an dieser Zusammenkunft und den Demonstrationen auf der Straße, aber von daher auch unser Unbehagen, das wir in diesen Momenten empfunden haben. Wir wollen Politik machen, aber weder können, noch wollen wir sie weiter in der männlichen, gewaltsamen, ideologischen und vergewaltigenden Art machen, die oft eine Auseinandersetzung über deren Inhalte verhindert hat. Die Einschüchterungen und Gewalttätigkeiten haben sich so zugespitzt, das auf einer Schülerversammlung zu einer Genossin, die Vorschläge der feministischen Koordinationsgruppe der Schülerinnen vortrug, gesagt wurde: „Halt’s Maul, Schwanzlutscherin!“ statt, dass man sich mit den politischen Inhalten auseinandersetzte. Wo ist also die berühmte „neue Art, Politik zu machen“ der Genossen? Kein Wunder, dass in solch einem Klima in den Versammlungen fast nur noch Männer sprechen.
Unter anderem möchten wir wissen, ob und wie die Genossen, die unseren „Ringeltreiben“ übernommen haben, darüber hinaus auch noch die in den sieben Jahren der Frauenbewegung entstandenen Inhalten und Kampfmethoden zur Kenntnis genommen haben. Uns scheint, dass nichts dergleichen getan haben.
Über die Arbeit zu sprechen, bedeutet für uns, die Knotenpunkte der geschlechtlichen Arbeitsteilung, d.h. der historisch determinierten Trennung zwischen Produktions- und Reproduktionssphäre zu berühren.
Wenn es so einerseits wichtig ist, für die Frauen eine Arbeit außerhalb des Hauses zu haben, die ihnen ein Minimum an ökonomischer Unabhängigkeit und folglich an Autonomie von der Familie garantiert, so ist uns doch bewusst, dass Sich Beschränken auf die Forderung nach Ausweitung der Beschäftigung für Frauen in Wirklichkeit bedeutet, eine doppelte Arbeit zu fordern (die in der Familie und draußen) und auf jeden Fall eine Arbeit außerhalb des Hauses, die so, wie sie heute ist, nicht die volle Entfaltung unserer Kreativität, Affektivität, Sexualität zulässt; d.h. unsere Ungeteiltheit als Frau. Deshalb sind wir sowohl gegen die Forderungen der UDI als auch gegen die der MLD nach 50 % Arbeitsplätzen für Frauen, und auch gegen die der Gewerkschaft nach Teilzeitbeschäftigungen für Frauen.
Das Problem ist unserer Meinung nach auch nicht durch ein hypothetisches Netz sozialer Dienstleistungen zu lösen, die von Putztrupps für den Haushalt bis zu überperfektionierten Kindergärten reichen: die Hausarbeit erschöpft sich nicht im Geschirrspülen, sondern besteht in der gesamten Rolle der Frau in der Familie.
Für uns Frauen ist die einzige Möglichkeit, unsere Probleme mit der Arbeit zu lösen, die Zerstörung der sexuellen Rollen und der Institution Familie, so wie sie heute ist, d.h. als spezifischer Ort der Unterdrückung der Frau. Über diese Probleme geht die Debatte innerhalb der Frauenbewegung.
Intercommissioni femministe, Università di Roma
(Aus Lotta continua, Tageszeitung vom 1. März, 1977)
(übernommen aus P38 und Indianer)